Eschelju ist ganz einfach vom Himmel gefallen. So hat es ihm jedenfalls Osiris erzählt. Osiris ist ein kleiner, kluger Schmetterling. Eschelju verbringt bei ihm seine erste Lebenszeit.
Da Eschelju wissen möchte, wer er wirklich ist, beschließt er sich auf die Suche nach seinen Eltern zu begeben.
Eschelju lernt Tiere wie den Hasen Erpf Erdfell, die Spatzenschwestern, die Spinnenkönigin Aura und den Fuchs Regin kennen. Das Taubenschwänzchen Dienmut begleitet ihn.
Dabei erlebt er auch das eine oder andere Abenteuer.
Im Saal der Erinnerungen (Vorwort)
Am Spiegelteich
Bei Erpf Erdfell
Eine abenteuerliche Zeit
Landkarte
Was ich euch noch sagen möchte
Hier findet ihr das Kapitel "Eschelju und Osiris".
Eschelju steckte den Kopf aus seiner Wildrosenblüte und sah sich neugierig um. „Guten Morgen!“ rief ihm ein blauer Schmetterling zu, der etwas oberhalb auf einem Zweig saß. „So struppig, wie du aussiehst, hast du bestimmt gut geschlafen!“
Der kleine Junge strich sich mit den Fingern durch die hellen Haare. „Guten Morgen, Osiris!“ grüßte er fröhlich und flog dann zu dem Schmetterling.
„Da unten ist ja ganz schön viel los“, bemerkte dieser nun und deutete auf das muntere Insektentreiben auf der Blumenwiese. „Ah, da bin ich gleich mit dabei!“ rief der kleine Junge und wollte auch schon fortfliegen.
„Halt, halt, nicht so ungeduldig“, mahnte Osiris. „Zuerst wird gegessen, danach wird gelernt, und dann kannst du spielen!“ Eschelju schnalzte mit der Zunge. „Ei ja, essen ist gut“, meinte er und flog sofort hinter dem Schmetterling her, der eine duftende Blume ansteuerte.
„Und wo ist dein Trinkhalm?“ fragte dieser, als der Junge neben ihm landete. „Ui, den habe ich vergessen“, sagte Eschelju und war gleich darauf mit seinem Halm zurück.
„Was man nicht im Kopf hat, das hat man in den Flügeln“, bemerkte der Schmetterling trocken, während Eschelju begann, süßen Nektar aus der Blüte zu saugen.
Gleich nach dem Frühstück sonnten sie ihre Flügel flugwarm. „Heute werde ich dich wieder im Fliegen unterrichten“, sagte Osiris zu dem Jungen, „wir werden schnell und langsam flattern, und schwirren und schweben.“
Eschelju freute sich. „Schweben. Das Schweben mag ich am liebsten!“
„Das ist auch gut so“, meinte Osiris. „Schweben ist sehr schwierig und man muss viel üben, um es zu können. Also, lass uns gleich mit dem Üben beginnen. Los geht es!“ Der Schmetterling breitete, seine Flügel aus und flog voran.
„Du bist ein sehr eifriger Schüler“, lobte er, als sie später wieder in den Wildrosenstrauch zurückkehrten. „Bald wirst du so gut fliegen, dass ich mit dir den Spiegelteich überqueren kann.“
Eschelju staunte. „Wozu soll das denn gut sein, wenn wir doch ganz einfach um den Teich herum fliegen können?“
,,Weil du in der Mitte des Teiches das Wunder aller Wunder sehen wirst,“ erwiderte Osiris.
„Das Wunder aller Wunder, was ist denn das?“ fragte der Junge neugierig. „Das kann ich dir jetzt nicht so leicht erklären, du musst es eben selbst sehen“, antwortete der Schmetterling.
Eschelju blickte zum Spiegelteich. Dieser befand sich mitten auf der Wiese und sah wie ein großes Auge aus. An seinem Ufer standen zwei Lärchen, und zwischen Gräsern und Blumen sprudelte eine silberhelle Quelle.
Es war ein sehr geheimnisvoller Teich, denn er sah immer anders aus.
An ruhigen Sonnentagen schimmerte seine Oberfläche blau, und die umliegenden Berge spiegelten sich darin. Strich der Wind sanft über ihn hinweg, so kräuselten sich kleine Krönchen, die im Sonnenlicht wie Sterne leuchteten. An grauen Regentagen wiederum vermischten sich die Regentropfen Ring um Ring mit seinem dunklen Wasser. Am geheimnisvollsten aber war der Spiegelteich, wenn der Mond schien.
„Ich kann es kaum mehr erwarten, den Teich zu überqueren“, sagte Eschelju. „Jetzt fliege ich aber spielen“, und schon flatterte er über die Wiese.
Allerlei kriechende und krabbelnde Tierlein waren unterwegs, und Schmetterlinge in verschiedensten Farben flogen durch die Luft. Eschelju blickte sich suchend um. Dann hellte sich sein Gesicht auf. „Da bist du ja, Dienmut!“ freute er sich und flog zu einem Taubenschwänzchen, das gerade Nektar sog.
Dienmut war Escheljus allerbeste Freundin. Sie schaukelten gemeinsam auf Blüten, Blättern und Halmen, spielten Nachfliegen, Wettschwirren und Verstecken, und vieles mehr.
Das Schmetterlingsmädchen war eine tolle Fliegerin und beim Wettschwirren immer die Erste. Trotzdem wurde sie von den anderen Schmetterlingen verspottet. Sie war nämlich etwas pummelig. Eschelju aber bewunderte sie.
„Wie flink du doch deine Flügel bewegen kannst“, staunte er immer wieder. Genauso bewundernswert fand er, dass Dienmut beim Saugen aus den Blütenkelchen in der Luft stehen konnte. Sie beherrschte sogar das Rück-wärtsfliegen. Das war wirklich sehr beeindruckend.
Ja, das Leben auf der Wiese war recht fröhlich. Dennoch fühlte sich Eschelju manchmal ein wenig einsam.